Maria und die Kräuter
Das Fest zu Maria Himmelfahrt in Corona-Zeiten. „Viele Leute waren es nicht“, lautet das Resümee der Mesnerin.
Menschenscharen, prächtige Prozessionen, Goldhaubengruppen, Chorgesang und eine Musikkapelle. All das gab es bei der diesjährigen Maria Himmelfahrts-Feier nicht. Bevor der Gottesdienst um halb 9 Uhr beginnt, wird noch Rosenkranz gebetet. Der Eingang zur Pfarrkirche ist mit einem Kranz aus Sonnenblumen geschmückt. Eine Handvoll Leute sitzt in den Kirchenbänken – mehr nicht. Vor dem Altar liegen die Kräuterbüschel bereit zur Segnung.
Der Rosenkranz ist beendet, die restlichen Kirchenbesucher kommen und kaum jemand trägt etwas anderes als Dirndl und Trachtenanzug. Für die musikalische Untermalung sorgt ein alleiniger Orgelspieler. Die Vorbereitung der Gottesdienste in der Pfarrkirche Waldburg gehört zu Erika Katzmayrs Arbeiten. Sie ist hier, in der Pfarre im Mühlviertel in Oberösterreich, bereits seit 15 Jahren Mesnerin.
Kräuter, die keine Kräuter sind
Unterschiede gebe es an Maria Himmelfahrt keine großen, im Vergleich zu alltäglichen Gottesdiensten. „Für die Pfarrer gibt es verschiedene Gewänder, mehr Ministranten und der Blumenschmuck ist an Hochfesten größer und bunter“, fasst Erika zusammen, „und natürlich die Kräuterbüschel, die vom Pfarrgemeinderat gebunden werden, gehören dazu“. Die Büschel bestehen aus sieben Kräutern. Dabei können Königskerzen, verschiedene Getreideähren, Beifuß und auch diverse Blumen verwendet werden. „All das ist großteils in jedem Garten zu finden“, erläutert sie. Der Brauch Kräuterbüschel zu binden und weihen zu lassen gehe auf Johannes von Damaskus zurück, dem bei der Öffnung des Grabes Mariens der Duft nach Kräutern und Rosen entgegengestiegen sein soll.
Ein normaler Arbeitstag für Erika beginnt mit dem Umdrehen des Schlüssels in der Kirchentür. Zwei Schritte weiter, wird kontrolliert ob genug Weihwasser bereit steht „Weihwasser ist in Corona-Zeiten natürlich hinfällig“. Blumenschmuck, Kerzen und die Ordnung der Gotteslobe werden im Vorbeigehen kontrolliert. Vor dem Gottesdienst, werden Kelche geputzt, das passende Gewand für den Pfarrer bereitgelegt und das Messbuch auf den Altar gebracht. Ein kurzer Blick über die Schulter, ob das ewige Licht noch brennt, und die Vorbereitungen sind erledigt.
Hochfeste in der Kirche
An Maria Himmelfahrt möge sie besonders, dass die Gottesmutter und diese stellvertretend für alle Frauen im Vordergrund stehe. „Mein Lieblingsfest ist Weihnachten.“, erzählt Erika, „Ich mag aber auch Ostern gerne, das Problem mit Ostern ist nur, dass es mit sehr viel Arbeit verbunden ist“. Im Großen und Ganzen fühle sich Erika als Mesnerin sehr wohl, das Schwierige sei nur, dass verschiedene Pfarrer auch unterschiedliche Vorstellungen hätten. „Zu meinen Aufgaben gehört also auch, mit den Eigenheiten jedes Pfarrers umzugehen.“
Sechzig, nicht Hunderte
Mit den Corona-Maßnahmen, hat sich auch der Arbeitsalltag für Erika verändert. „Natürlich muss man mehr aufpassen.“ Neben der Maskenpflicht beim Betreten und Verlassen der Kirche, darf auch nur jede zweite Reihe der Kirchenbänke in den Seitenschiffen besetzt werden. „Leider funktioniert die Umsetzung nur teilweise“, so Erika, „Manche Leute meinen, weil sie immer schon an einem bestimmten Platz in der Kirche sitzen, darf sich das auch mit der Corona-Krise nicht ändern.“ Besonders mühsam sei es, wenn Kirchenbesucher meinen, die Bänder, die die Kirchenbänke als gesperrt kennzeichnen, einfach entfernen zu dürfen, „Sie hängen die Bänder ab und ich muss immer wieder nachgehen und sie zwei- bis dreimal täglich aufhängen“, erzählt Erika etwas genervt.
Nach dem Gottesdienst zu Maria Himmelfahrt versammeln sich die Kirchenbesucher noch vor dem Eingang und plaudern gemütlich. Die Kräuterbüschel werden sorgsam eingepackt oder noch in den Händen gehalten. Auch wenn von den üblichen Menschenscharen nichts zu sehen ist, so freuen sich die Anwesenden über die Gemeinschaft der anderen Besucher. „Ich gehe nicht nur zum Beten in die Kirche, sondern auch um Leute zu treffen.“, so eine nach dem Gottesdienst.
Erika habe zuerst nicht Mesnerin werden wollen: „Zuerst habe ich nur für ein Jahr zugesagt, inzwischen sind es halt schon 15 geworden“. Abends werden noch brennende Kerzen ausgeblasen und ein letzter Blick auf den Altar folgt. Die Sonnenblumen um den Türrahmen wirken, so wie Erika, etwas müde. Sie steckt den Schlüssel in das Türschloss und verschließt das Kirchentor.